Die
Maultrommel hat ihren Ursprung wahrscheinlich in Asien. Vieles deutet
darauf hin, dass die ältesten Ausführungen aus Holz (Bambus) hergestellt wurden.
In
Sibirien wurde die wahrscheinlich älteste Maultrommel der Welt
gefunden. Sie besteht aus Knochen und ist ca. 2500 Jahre alt.
In
Europa wurden die ältesten Funde in Ostfrankreich gemacht. 1868 fand
man bei Rouen fünf Maultrommeln aus Bronze. Diese stammen aus
gallisch-römischer Zeit (5. -7. Jahrhundert).
Nachweise
aus unserer näheren Umgebung stammen aus dem 14. Jahrhundert. 1399 wurde die Burg Tannenberg in Hessen zerstört, im Brandschutt fand man 3 Maultrommeln.
Das
Instrument erlebte seine Blütezeit während der Epoche des
Feudalismus.
"Maultrommel,
ein kleines eisernes oder messingenes Werkzeug, welches man an den
Mund oder an die Zähne setzt und an die daran befindliche stählerne
elastische Feder schlägt, um dadurch einen brummenden Klang hervor
zu bringen; die Maulbrummel, das Brummeisen, die Schnarre, Lat.
Crembalum, Franz. Gronde, Trompe, oder Trompe de fer, ou de laiton,
Bombard. Die Maultrommeln sind besonders bey unsern Landleuten und
bey Hirtenvölkern sehr beliebt, und sie werden häufig nach Amerika
und der Levante ausgeführt. Am mehrsten liefern Steyermark,
Schmalkalden, Remscheid, Schwabach etc. Die Schmalkaldische Ware ist
in Packen von 12 Dutzend, die von Steinbach bey Steyer, von 4
Dutzend."
Höchstwahrscheinlich hat sich aus der Maultrommel die Familie der Akkordeons und (Mund-)harmonikas entwickelt.
Johann Caspar Schlimbach (*1777; †1861) war ein Instrumentenbauer, der um 1810 in Königshofen mit seinen Cousin Bernhard Eschenbach den direkten Vorläufer des Harmoniums, die Aeoline, erfunden und gebaut hat.
"Die Stimmplatten dieses Instruments mit ihren Zungen (Federn) waren damals wie Maultrommeln gefertigt. Rahmen und Zunge waren aus Stahl. Der Rahmen war U-förmig und die Stahlzunge war in der selben Weise, wie dies bei der Maultrommel heute noch gemacht wird, am Rahmen befestigt."
Eine Besonderheit der Maultrommel war die sog. "Aura"
Walter Maurer, Autor des 1983 erschienenen Buches "Das Accordion", schreibt dazu:
"Es
gab in der experimentierfreudigen Zeit Ende des 18. und Beginn des
19. Jahrhunderts sehr virtuose Instrumentalisten auf der Maultrommel.
So lies sich z. B. J. H. Scheibler bis zu zehn Maultrommeln auf eine
Tragscheibe montieren. Er nannte das so entstandene Instrument
"AURA". Die Maultrommeln waren auf verschiedene Grundtöne
eingestimmt, was sogar chromatische Tonfolgen ermöglichte."
Als
Erich von Hornbostel und Curt Sachs um 1914 ein System der
Klassifikation von Musikinstrumenten erstellten, wurde die
Maultrommel dort als Idiophon eingeordnet. Idiophone sind
Selbstklinger wie etwa eine Glocke, die man mit einem Stab
anschlägt.
Dieser
Meinung kann ich mich nicht anschliesen.
Es
ist höchst wahrscheinlich, dass Hornbostel und Sachs für ihre Einteilung kein
hochwertiges Instrument zur Verfügung stand. Ein
wesentlicher Bestandteil des Klangs
einer Maultrommel hat nämlich die durch die schwingende Feder
hindurch strömende
Luft.
Bereits
um 1850 begann das Instrument aus der Musik zu verschwinden.
In
Meyers Konversations-Lexikon 1888 ist dementsprechend zu lesen:
"Maultrommel:
(Brummeisen, Crembalum), altes primitives Instrument, bestehend
aus einer durch die Finger in Bewegung gesetzten Stahlfederzunge, die
in ein hufeisenförmiges kleines Stück Eisen eingeklemmt ist, das
mit den Zähnen gehalten wird. Die so mit fast geschlossenem Mund auf
das Instrument gebrummten Gesangstöne (?!) haben ein eigentümliches
melancholisches Kolorit."
Maultrommelschmiede in Kleinschmalkalden
Diese Schmiede stellten mit der Maultrommel, auch Brummeisen oder Mundharfe genannt, eines der einfachsten Musikinstrumente her. Sie war früher ein nicht unwesentlicher Artikel der Kleineisenindustrie auf der gothaischen Seite Kleinschmalkaldens.
Die Maultrommel wurde von hiesigen Exportfirmen vor allem in die
östlichen und südlichen Länder (Russland, Balkan), aber auch in
überseeische Staaten versandt (Levante).
Die Feder bestand früher aus Zain-eisen (dünner Eisenstab), später aus Stahl. Sie musste mit der Hand ausgeschmiedet werden. (Elwin Hoffmann.“Die letzte Maultrommelschmiede in Kleinschmalkalden“ im Heimatkalender 1932)
Als Maultrommelschmiede in Kleinschmalkalden arbeiteten nachweislich auf der gothaischen Seite:
Hans Wolff Fuchs (*1631, †1719)
Johannes Fuchs (Sohn von Hans Wolff Fuchs, *1666, †1694)
Hans Georg Fuchs (Sohn von Hans Wolff Fuchs, *1672)
Meister Johann Jacob Fuchs *1743
Meister Johann Fuchs Sen.
Meister Abraham Christoph Fuchs, Sohn von Johann Fuchs
Meister Valtin Fuchs
Meister Hans Heinrich Fuchs *1761
Meister Sigmund Fuchs (1728-1802, Sohn vom Schultheisen Johannes Fuchs)
Heinrich Fuchs *1773
Karl Fuchs, *um 1835
Johannes Möller (*1795, Sohn vom Hufschmied Johannes Möller)
Andreas Möller Sen., *um 1870
Johann Andreas Möller (Sohn von Johannes) war bis zum Beginn des 20. Jahrhundert als Eimerschmied tätig. Sein Sohn Christian Möller (genannt Muhltrummels-christ), ebenfalls Eimerschmied, wohnte in der Ortsstrasse 76. Das Haus brannte 1901 ab, wurde aber wieder aufgebaut. Er fertige in der Schmiede neben dem Wohnhaus noch Maultrommeln bis zum 1. Weltkrieg; er war der letzte Maultrommelschmied in Kleinschmalkalden.
Bis dahin war die Maultrommel trotz Mund- und Ziehharmonika ein begehrter Artikel. Das kleine Instrument kostete je nach Größe 15 Pfennig bis 1 Mark pro Dutzend.
Danach kam die Produktion zum Erliegen, da das geeignete Rohmaterial fehlte. Außerdem brachen die Absatzmärkte weg, weil etliche der oben genannten Länder in den Krieg verwickelt wurden. Vor allem beschäftigten sich auch einige der zahlreichen Schlosser mit der Fertigung von Maultrommeln.
Der Artikel über die letzten Maultrommel-Hersteller in Kleinschmalkalden wurde mir freundlicherweise zu Verfügung gestellt von:
Rainer König, Talstr.16, 98593 Kleinschmalkalden
Tel.: 036849 20022
Heimatmuseum Kleinschmalkalden, Marktplatz 1
Dort sind auch noch einige alte Maultrommeln zu besichtigen.